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Dürfen Ermittlungsbehörden bei der Kanzleidurchsuchung den PC des Steuerberaters komplett spiegeln?

Sachverhalt

Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, den Titel eines „Master of Laws“ zu Unrecht geführt zu haben. Bei der angeordneten Durchsuchung der Steuerberaterkanzlei des Beschuldigten wurde der PC des Beschuldigten beschlagnahmt, die Daten gespiegelt und der PC anschließend wieder zurückgegeben.

Entscheidungsgegenstand

Das Landgericht hatte über die Beschwerde des Beschuldigten gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse zu entscheiden.

Entscheidung und Begründung

Nach der Entscheidung des Landgerichts habe die gegen die Beschlagnahme gerichtete Beschwerde insoweit Erfolg, als die Maßnahme auf die Sicherstellung zur Durchsicht und diese in ihrem Umfang hätten beschränkt werden müssen. Der angefochtene Beschluss sei zwar prozessual überholt, weil der PC inzwischen wieder dem Beschuldigten zurückgegeben worden sei, aber die Beschwer setze sich in der Sicherstellung des durch die Datenspiegelung sichergestellten Datenbestands des Beschwerdeführers fort. Um beurteilen zu können, ob die Daten beschlagnahmt werden dürfen, bedürfe es einer Durchsicht des Datenbestands. Hierbei müsse im Rahmen der Verhältnismäßigkeit die Eigenschaft des Beschuldigten als Berufsgeheimnisträger besonders beachtet werden und daher seien der Umfang und die Intensität der Durchsicht zu beschränken: Die Durchsicht dürfe sich auf die Suche nach den konkret bezeichneten Urkunden, nach Dateien, die zu diesen einen erkennbaren Bezug aufweisen und nach E-Mail-Korrespondenz mit dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein erstrecken. Dateien, die weder nach dem Dateinamen noch aufgrund eines sonstigen konkreten Bezugs zu den genannten Urkunden mit diesen in Zusammenhang stehen, dürfen hingegen nicht geöffnet werden. Eine Beschlagnahme des gesamten Datenbestands greife nämlich in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschuldigten und der betroffenen Mandanten ein und beeinträchtige das Recht auf ein rechtstaatlich faires Verfahren, weil der Zugriff auf den gesamten Datenbestand auch das Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und Mandat beschädige. Die Gefahr eines unbeschränkten Datenzugriffs belaste ein Mandatsverhältnis von Anfang an mit Unsicherheiten hinsichtlich seiner Vertraulichkeit. Ein Zugriff auf die gesamte E-Mail-Korrespondenz des Beschuldigten samt Korrespondenz mit Mandanten, mit dem Ziel, den bislang nicht konkretisierten Verdacht einer Verwendung des Titels „Master of Laws“ auch in weiteren Fällen zu erhärten, verletze wegen des Schutzbedürftigkeit des Mandantenverhältnisses das Übermaßverbot. Diese Beschränkung hätte bereits durch den Richter erfolgen müssen und die Maßnahme sei daher rechtswidrig.

Kommentierung der Entscheidung aus unserer Sicht

Die Entscheidung stellt die Schutzbedürftigkeit des Vertrauensverhältnisses zwischen Steuerberater/Anwalt und Mandant heraus. Eine Durchsuchung der Kanzleiräume und die Beschlagnahme der Computer samt E-Mail-Korrespondenz ist mit das schlimmste, was einem Steuerberater oder Anwalt passieren kann. Daher ist es umso wichtiger, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit die besondere Situation der Berufsgeheimnisträger zu berücksichtigen.

Gericht: LG Itzehoe
Datum der Entscheidung: 12.01.2015
Normen: §§ 102, 110 StPO