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Das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) – ein erster Blick in den Referentenentwurf

15.02.2021

Seit Ende vergangener Woche ist er öffentlich zugänglich – der 80-Seiten starke Referentenentwurf des BMJV für ein Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), mit dem die entsprechende Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 umgesetzt werden soll. Auch wenn sich dieser Entwurf aktuell noch in der Ressortabstimmung befindet und im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sicherlich noch die ein oder andere Änderung erfahren wird, gibt unser Partner Rechtsanwalt Markus Meißner nachfolgend einen ersten Überblick über einige Eckpunkte des geplanten Stammgesetzes.

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) – ein erster Blick in den Referentenentwurf

von RA Markus Meißner

Wie der Name bereits zum Ausdruck bringt, soll das HinSchG insbesondere denjenigen, der „ausreichend schwerwiegende Verstöße“ meldet, die er „im Zusammenhang mit seiner beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit“ erlangt hat, vor Repressalien schützen. Und dieser Schutz soll umfassend sein. Hält sich der Hinweisgeber an die gesetzlichen Vorgaben, soll zukünftig eine Kündigung ebenso ausgeschlossen sein wie beispielsweise die Versagung einer Beförderung oder eine geänderte Aufgabenübertragung (zum Schutzumfang vgl. §§ 32-38 HinSchG). Gleichzeitig soll dem Hinweisgeber im Spannungsfeld zwischen „Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten“ und „Verschwiegenheits- oder Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber oder Dienstherrn“ Rechtssicherheit vermittelt werden, insbesondere bei der Frage, wann er den internen Dienstweg verlassen und sich mit seinen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit wenden darf.

Der persönliche Anwendungsbereich (§ 1 HinSchG-E) ist entsprechend der Vorgaben der Hinweisgeberschutzrichtlinie weit gefasst, so dass nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Beamtinnen und Beamte, sondern beispielsweise auch Selbständige, Anteilseigner sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieferanten hiervon erfasst werden. Geschützt werden darüber hinaus aber auch natürliche Personen, die Gegenstand einer Meldung oder Offenlegung sind oder von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.

Bei der Frage, was „ausreichend schwerwiegende Verstöße“ sind, beschränkt sich der Referentenentwurf des BMJV nicht auf eine 1:1 Umsetzung der EU-Richtlinie, sondern erstreckt den sachlichen Anwendungsbereich in § 2 HinSchG-E über den Verstoß gegen Unionsrecht hinaus auf den gesamten Bereich des nationalen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts. Dass das BMJV von der in Artikel 2 Absatz 1 der Hinweisgeberschutz-Richtlinie angelegten Möglichkeit Gebrauch machen will, den sachlichen Anwendungsbereich auch auf nationales, korrespondierendes Recht auszuweiten, war bereits im Vorfeld bekannt geworden und ist nach wie vor Gegenstand von kontroversen Diskussionen zwischen dem sozialdemokratisch geführten BMJV und unionsgeführten Wirtschaftsministerium. Ob es sich hierbei, wie in dem Referentenentwurf nunmehr zu lesen ist, lediglich um eine „geringfügige Ergänzung“ handelt und ob diese tatsächlich notwendig ist, um „Wertungswidersprüche zu vermeiden“, wird sicherlich im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch ausführlich diskutiert werden.

Der Entwurf sieht als Regelfall die interne und externe Meldung vor. Entsprechende Meldesysteme sind einmal auf der Ebene eines Unternehmens bzw. einer Behörde (interner Meldekanal, §§ 12-18 HinSchG-E), einmal von einer unabhängigen Stelle (externer Meldekanal, §§ 19-30 HinSchG) verpflichtend einzurichten. Ein Unternehmen, das „in der Regel“ weniger als 50 Beschäftigte hat ist von dieser gesetzlichen Verpflichtung ausgenommen (§ 12 Abs. 2 HinSchG-E). Der Hinweisgeber, der Informationen über Verstöße erlangt, soll zwischen der internen und der externen Meldung frei wählen können. In beiden Fällen schreibt der Gesetzgeber den identischen Vertraulichkeitsschutz vor (§ 8 HinSchG-E).

Für Unternehmen mit regelmäßig mehr als 50 Beschäftigten, die bislang keine Meldestelle eingerichtet hatten, bedeutet dies, dass sie ein Hinweisgebersystem zukünftig einführen müssen. Diese gesetzliche Verpflichtung trifft Unternehmen mit regelmäßig mehr als 250 Beschäftigten ab dem Tag des geplanten Inkrafttretens des Gesetzes, wohingegen kleineren Unternehmen (zwischen 50 und 249 Beschäftigten) noch eine Schonfrist bis von 2 Jahren gewährt wird (§ 41 HinSchG-E).

Aber auch Unternehmen, die bereits über ein Hinweisgebersystem verfügen, müssen unter Umständen „nachbessern“. So enthalten die §§ 13 bis 18 HinSchG-E konkrete Vorgaben zur Ausgestaltung der Meldekanäle, zum Prozedere nach Eingang eines Hinweises (insbesondere zur Kommunikation mit dem Hinweisgeber) und zu ergeifenden Folgemaßnahmen. Eine Meldung muss danach stets sowohl mündlich als auch schriftlich und – sollte dies der Hinweisgeber wünschen – persönlich möglich sein (§ 16 Abs. 3 HinSchG-E). Weiterhin hat die interne Meldestelle innerhalb von 7 Tagen dem Hinweisgeber den Eingang seiner Meldung zu bestätigen und innerhalb weiterer 3 Monate diesem Rückmeldung zu geben, welche Folgemaßnahmen aufgrund seines Hinweises ergiffen wurden (§ 17 HinSchG-E). „Folgemaßnahmen“ können etwa die Abgabe des Verfahrens an die zuständige Behörde oder aber die Einleitung interner Untersuchungen sein (§ 18 HinSchG-E).

§ 31 HinSchG-E regelt die Offenlegung einer Information, mithin den Gang des Hinweisgebers an die Öffentlichkeit, der etwa in der Information der Presse oder der Nutzung von Social Media Kanälen bestehen kann. Diesen Meldeweg soll der Hinweisgeber lediglich ausnahmsweise beschreiten dürfen, insbesondere dann, wenn auf die Meldung eines Verstoßes an eine externe Meldestelle keine (qualifizierte) Rückmeldung erfolgt oder eine „Gefährdung des öffentlichen Interesses“ besteht. Hinsichtlich der konkreten Voraussetzungen hat sich der Gesetzgeber hierbei an dem Grundsatzurteil des EGMR vom 21.07.2011 (NZA 2011, 1269) sowie an der sich hieran orientierenden Rechtsprechung des BAG orientiert.

Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des Gesetzes sollen als Ordungswidrigkeiten geahndet werden (§ 39 HinSchG). Entsprechend der Umsetzungsfrist der Hinweisgeberrichtlinie sieht der Referentenentwurf ein Inkrafttreten am 17. Dezember 2021 vor. Man darf auf die weitere Diskussion im Gesetzgebungsverfahren gespannt sein.